Farösund - Ventspils 21. - 22.06.2016

Um 06:00 lege ich in der Farosundsmarina ab. Viel zu spät, wie sich herausstellt. Aus den versprochenen Südwest 4-5 werden nur Süd  3 Bft.

Ich habe mich dann doch entschieden, nach Ventspils zu fahren. Nicht unbedingt mein Traumziel,aber es ist der kürzeste Weg von Schweden zum Baltikum. Ich wäre lieber mit Raumwind in die Rigaer Bucht geschnurrt, aber dann müsste ich in der Nacht über die Irbenstrasse, die Hauptroute der Dampfer nach Riga.. Ohne Radar oder AIS möchte ich so ein Risiko nicht eingehen. Und noch habe ich genug Zeit, um zum Termin nach Tallin zu kommen.

So fahren wir, Frieda und ich gemütlich am Wind. Der Seegang ist gering. Da kann ich in Ruhe Mittag kochen und Kaffee trinken. Bei der Nachtfahrt zum Farösund war es deutlich welliger. Da musste ich meine so schön vorgekochten Spaghetti mit feinster Soße letztendlich kalt aus dem Topf mampfen, festgeklammert am Navitisch. Das Seemannsleben zeigt eben manchmal seine ganze Härte.

Den Tiefwasserweg habe ich glücklich passiert, es war kaum Schiffsverkehr. Aber dann kaum Nebel auf, richtig dicke. Wie fühlt man sich da verlassen und einsam in Gottes großer Welt. Anderseits ist  es ist auch gut so, dass man dann alleine bleibt.  Ich vertraue  nicht allein auf meinen Radarreflektor und gehe schön Ausguck, die Ohren gespitzt, um mögliche Geräusche anderer Schiff beizeiten zu hören und die Maschine ist auch startklar. Falls da  doch mal ein Ungetüm aus dem Nebel bricht.

Gott sei Dank lichtet sich der Nebel und es fängt an zu regnen, richtig dicke Tropfen. Aber das ist mir lieber, denn ich habe ja gutes Ölzeug und bessere Sicht ist für das Anlaufen des Hafens viel wichtiger. In Ventspil endet eine russische Ölpipeline. Der Hafen ist also ein großer Umschlagschlagplatz von Öl mit entsprechendem Tankerverkehr. Und Fähren gibst auch.

Demzufolge melde ich mich dann auch beizeiten bei Ventspils Traffic als "german sailingboat"  an. Dadurch bin ich jetzt unter dem Begriff "Frieda" zum Mitspieler geworden, wenn auch nur ein sehr kleiner. Es ist mittlerweile dunkel. Ich fühle mich aber doch sehr geborgen in den Händen von Port Control.  Besonders freue ich mich über meine neue Handfunke, denn ich muss ständig Hörwache halten. Am Ruder sein und gleichzeitig am Navitisch sitzen, geht eben nicht. Ich verfolge dann auch den gesamten Funksprechverkehr mit größtem Interesse. Zu meiner besonderen Freude sprechen die Jungs untereinander russisch, und zwar mit dem Slang, den ich schon oft auf den Baustellen in Sibirien gehört hatte. Für kurze Zeit kommt da das Gefühl auf, jetzt bist du also wieder angekommen, im " Vaterland der Arbeiterklasse". "Aber das ist doch alles nächtliches Gespinne", sage ich mir dann, "da tust du den Leuten hier Unrecht". Lettland ist keine Sowjetrepublik mehr, sondern ein eigenständiges Land und EU- Mitglied!

Ich drehe noch eine Warteschleife, aber nachdem eine große Fähre aus dem Hafen gerauscht ist, bekomme ich das Signal zum Einlaufen. Nun immer schön an das Richtfeuer halten und dann nach rechts in den Fischereihafen, der auch den Jachthafen beherbergt. Nach dem hellen Licht des Richtfeuers stehe ich da erstmal im Dunkeln und suche den Eingang, der unbefeuert ist. Ich will schon meinen Scheinwerfer herausholen, da kommt ein Fischkutter heran, offensichtlich hat der mein Zögern bemerkt und fährt an mir vorbei in diesen Teil des Hafens. Ich hinterher, geschafft!

Die Kollegen von Port Control haben bereits vorgesorgt und den Hafenmeister informiert. Da steht er nun im Regen, winkt mich geduldig an einen Platz, wo ich längsseits ran kann und nimmt die Leinen ab. Es ist mittlerweile nach Mitternacht. Außen vom Regen nass und innen durchgeschwitzt freue ich mich auf meine warme und trockene Kajüte.  Was für ein Segen!
86 NM habe ich heute immerhin bei dem schwachen Wind zurückgelegt.






Farö-Ventspils

Hafen Ventspils
Farösund

Bungeör

Auf Wiedersehn Schweden

Nebel,  Schöne Sch.......!


Kommentare

  1. Mach gerade Mittagspause. Und lese Joachi Blog... von deinem harten Seemannsleben... :-) Schön das du heil über die Autobahn gekommen bist.
    Nach deinem Reiseplan kommt ja "nur noch" Haapsalu, und dann is ja schon Tallinn in Sicht, in 213 sm. Hab unseren Termin auch fest im Auge. Obwohl meinem Chefe nicht zum lachen war, als ich ihm heute von den 2 Wochen +- berichtet hab... Aber ick habs im Projektplan drin ;-) Und mein Visum für Mütterchen Rußland ist heute auch gekommen. Viel Vergnügen jetzt weiter im Rigaischen Meerbusen. Wünscht dein Mitsegler Jens.

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  2. Mensch Jöchi, klasse gemacht! Bin schon bissl neidisch auf die schöne Tour! Ich bastl noch immer an meiner Slocum herum . Aber es geht vorwärts und so Gott will schwimmt sie in einer Woche auch in den Wellen der Ostsee! Viel Glück und guten Wind Euch!
    der Ralf

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    1. Lieber Ralf, ich bin ja nun erfolgreich in Tallin gelandet, vielleicht haben auch Deine guten Wünsche dabei etwas geholfen. Ich wünsche Dir, nach der Slocumbewässerung viel Erholung und freue mich auch weiterhin über Kommentare...

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  3. Lieber Jöchi
    Allerwildeste Glückwünsche zu deinem Seestück! Bravo, sieht alles gut aus.
    Weiterhin alle besten Wünsche zu deine Törn.
    Vindö Willy

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    1. Hallo Susanne und Wilhelm, vielen dank und Grüße aus Tallin und gleichfalls gute Wünsche für Eure Reisen... Lasst mal hören, wie es Euch so geht...

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